Liebe Freundinnen und Freunde von HohenEichen,
vor kurzem habe ich einen Satz gelesen, der mich seither begleitet: „Du weißt nicht, wie das mühsam ist, mit allen Sinnen ja zu sagen.“ Es ist die erste Zeile eines Gedichts von Christine Lavant (1915–1973), einer österreichischen Schriftstellerin, die ein von Krankheiten und Schwermut gezeichnetes Leben führte. Viele ihrer Gedichte lesen sich wie Psalmen und Gebete. Sie sind aus Not und Verzweiflung geboren und wenden sich oft direkt an Gott.
„Du weißt nicht, wie das mühsam ist, mit allen Sinnen ja zu sagen.“ Vielleicht können Sie sich an Situationen erinnern, in denen Ihnen ein Ja schwerfiel: Schicksalsschläge wie der Verlust eines lieben Menschen, eine lebensbedrohliche Krankheit, enttäuschte Hoffnungen. Situationen, in denen alles in Ihnen nein sagte, in denen Sie sich dennoch bemühten, ja zu sagen – trotz allem. Und darauf zu vertrauen und darauf zu bauen, dass einer da ist, der ja zu Ihnen sagt – ohne Wenn und Aber, auch wenn Sie einmal nein sagen.
„Sag ja zu einem Ja!“ So zitiert ein Mitbruder von mir einen verstorbenen irischen Jesuiten. Es ist die kürzeste Definition des Wortes „glauben“. Sich auf dieses bedingungslose Ja Gottes zu mir einzulassen, ist keine einmalige Entscheidung. Es ist ein lebenslanges Beziehungsgeschehen, für das ich mich immer wieder neu entscheide. Und ja, es kann ein durchaus mühsamer Prozess sein!
Exerzitien wollen dabei helfen, ja zu sagen, mit einem Ja auf Gottes Ja zu antworten. Die Begegnung mit dem Wort Gottes und mit dem Leben Jesu Christi in den Exerzitien wollen zu einem gelingenden Leben führen. „Denn Gottes Sohn Jesus Christus … ist nicht als Ja und Nein zugleich gekommen; in ihm ist das Ja verwirklicht. Denn er ist das Ja zu allem, was Gott verheißen hat.“ (2 Kor 1,19–20)
Mit herzlichen Grüßen
Ihr

Wilfried Dettling SJ